EU: Alle reden vom Sparen – aber wird überhaupt gespart?

Der im wesentlichen von Deutschland durchgesetzte Sparkurs in der EU zur Rückführung der Staatsschulden ist in den Problemländern bekanntlich nicht beliebt. Der neue französische Präsident Francois Hollande kündigte Nachverhandlungen zum Fiskalpakt an, eifrig unterstützt von den deutschen Sozialdemokraten, in Griechenland führte der Sparzwang zur gegenwärtigen Unregierbarkerit des Landes, andernorts – wie in Spanien oder Italien – gibt es immer wieder Proteste der Straße.

Diese Sichtweise setzt natürlich voraus, daß auch gespart wurde und wird. Aber das stimmt in dieser Form nicht.  Eine Studie der Washingtoner George-Mason-Universität – genauer:  des dortigen Mercatus Centers, das eine Brücke schlagen will zwischen Elfenbeinturm und Realwelt – kommt zu einem für den Laien überraschenden Ergebnis: In Frankreich und im UK z.B. hat der Staat überhaupt nicht gespart. Und was Hollande vorhat, wird von Autorin Veronique de Rugy vom Mercatus Center so kommentiert: „…he will jump start the economy by spending more and balance the budget with more taxes. It’s a recipe for disaster.“ (er will die Wirtschaft mit mehr Ausgaben anwerfen und den Haushalt mit mehr Steuern ausgleichen. Es ist ein Desaster-Rezept.)

Die folgende Grafik von ihr, basierend auf Eurostat-Daten, zeigt, daß Frankreich und UK die Staatsausgaben überhaupt nicht kürzten, Italien nur ganz leicht in 2009:

Die vielleicht wichtigste Feststellung in ihrem Artikel: Wenn überhaupt gekürzt wurde, dann nur leicht – im Verhältnis zu den Schulden -, und: Steuererhöhungen haben den Sparkurs mitunter wieder ad absurdum geführt.

 Dieser Zusammenhang zwischen Sparen und Steuerern wird nach meiner Meinung viel zu wenig öffentlich diskutiert. Eine von  Veronique de Rugy verlinkte Harvard-Studie könnte hier vielleicht wieder die Notwendigkeit dazu bewußt machen:

  • Wer (sozial) spart und gleichzeitig Steuern erhöht, führt das Land ins Desaster,
  • wer spart OHNE Steuererhöhung, kommt besser aus der Schuldenfalle
  • wer spart und Steuern SENKT, schafft am ehesten Wachstum für Schuldenabbau.

Das ist verkürzt der Kern der Studie. Wobei man zwangsläufig bei der Frage landet, WO denn nun zu Sparen sei. Zu meiner Überraschung wird Deutschland von der Autorin hier als POSITIVES Beispiel genannt – trotz des großen Sozialhaushaltes.

 Schlußfolgerung: „First, tax cuts are more expansionary than spending increases in the case of a fiscal stimulus. This is consistent with the work of former Obama Council of Economic Advisers chairman Christina Romer and her economist husband, David Romer. Their research shows that increasing taxes by 1 percent of GDP for deficit-reduction purposes leads to a 3 percent reduction in GDP. Also, fiscal adjustment achieved through spending cuts rather than tax increases are less recessionary than those achieved through tax increases.“

Auf Europa und die Pläne Hollands und der SPD bezogen, bringt die „Welt“ es auf den Punkt:

„In einer absurden Verdrehung der Tatsachen machen die Linken überall in Europa die Sparprogramme der vergangenen Monate für die hohe Jugendarbeitslosigkeit und den wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich. In Wirklichkeit jedoch haben Griechen, Italiener und auch die Franzosen im vergangenen Jahrzehnt und noch verstärkt während der Finanzkrise genau diese Art staatlicher Konjunkturpolitik betrieben, die nun unter dem Schlagwort „Wachstumspakt“ propagiert wird.

Anstatt endlich die Lehre aus der Schuldenmalaise zu ziehen, dass sich Wachstum nun einmal nicht erzwingen lässt, will die SPD die Politik, die überall Schiffbruch erlitten hat, nun auf europäischer Ebene fortsetzen. Doch die Politik kann der Wirtschaft nicht verordnen, Arbeitsplätze und Lehrstellen zu schaffen oder Investitionen zu tätigen.“

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